Die Vorfreude auf die Saison 2024 war einigermaßen hoch. Zum einen waren unsere Segel alle noch recht frisch und wir hatten uns zum Ende der Saison 2023 an das Blech-Großsegel gewöhnt, zum anderen ist im Herbst die Entscheidung zu Gunsten eines neuen Autopiloten von NKE gefallen. Somit sollte das Boot fit für 2024 sein.
Die Installation der neuen Technik verlief gut und alle „trocken“ Tests waren in Ordnung. Gespannt ging es am ersten WE nach dem Auslagern auf die erste Reise. Aufgrund der flauen Winde und nächtliche Temperaturen um Null, haben wir uns für eine Nacht in Timmendorf / Poel entschieden. Es gab auch den ersten Frust, da die Technik nicht so richtig wie wir wollte…
Es folgte eine Woche, in der jeden Abend mit Laptop an Bord und Telefonhotline an der Anlage rumprobiert wurde, mit der Erkenntnis, dass das Hauptdisplay einen Defekt hat und auch ein Firmware Update nicht möglich war. Aufgrund der recht nahen Baltic 500 Regatta, ging es dann kurzerhand nach Amsterdam zu unserem Händler, um das Display zu tauschen. Dabei wurden dann vorsichtshalber die andere Hardware noch einmal gecheckt – alles in Ordnung! Am Samstag Abend war wieder alles eingebaut, und am Sonntag konnte wieder mit vollem Erfolg gesegelt werden – welch ein Glück! So konnte am folgenden Wochenende der Überführer nach Kiel starten – und unser erstes Nachttraining… Leider sollte es wieder anders kommen. Der Wetterbericht verhieß nicht so schönes Überführerwetter zuerst mit Flaute, dann mit Regen und böigem Wind. Aber es nützt ja nix. Querab von Grömitz gab es dann allerdings ein so böses Gewitter auf den Kopf, wie noch nicht erlebt. Zuerst war einem mulmig, dann nach einigen Blitzeinschlägen in der Umgebung war die Elektronik komplett down. Nach kurzem Rätselraten haben wir Schutz in Grömitz gesucht, um festzustellen, dass unser schöner neuer Autopilot zerstört worden ist. Frustriert ging es am Samstagmorgen wieder gen SVT.
Was nun?
Baltic 500 canceln, ist es ein Versicherungsschaden, warum müssen wir so ein Pech haben… Die Laune war eher schlecht, und die Vernunft sagte einem, dass es dieses Jahr wohl nicht sein soll. Kaum hat man sich mit dem Gedanken angefreundet, kommen die ersten Anrufe mit Angeboten für Leihboote für die Baltic 500 – Danke an die verrückten Eigner dieser Boote . Zeitgleich wurde klar, dass die Versicherung den Schaden übernimmt – Mittwoch müsste man in Kiel sein…also nach einigen Telefonaten am Montagabend wieder gen Holland gefahren und am Dienstagnachmittag mit einer komplett neuen Anlage nebst einigen Ersatzteilen wieder im SVT – Mittwoch wie geplant in Kiel angekommen. Auch hier einmal ein Dank an den Händler in Holland, der uns großartig unterstützt hat – „Nimm erst mal alles mit, den Rest klären wir später…!“.
Die Baltic 500 wurde aufgrund der Wetterprognosen maximal verkürzt, d.h. es ging nur um Seeland und nicht um Lyo oder Anholt herum. In Summe nur ca 340 Meilen. Es wurde eine schöne Wettfahrt mit recht wenig bis teilweise keinem Wind, was zwar körperlich nicht sehr anstrengend ist dafür mental um so mehr. Belohnt wurde das Aushalten mit einem tollen Schlussspurt von Gedser nach Kiel bei zunehmendem Wind auf um die 18 Knoten und das raumschots. Eine herrliche und spannende Nacht. Im Ergebnis war es unsere beste Platzierung aller Teilnahmen – 3. Platz mit nur rund 67,5 Stunden gesegelter Zeit. Da wir früh morgens angekommen sind, haben wir nach dem Auschecken und kurzem Frühstück gleich wieder den Heimweg angetreten. Zunächst Amwind bzw. eine Kreuz in Richtung Fehmarn, um dann nach dem Sund mit dem GeCo nach Travemünde zu fliegen – noch vor Sonnenuntergang waren wir in der Trave.
Nun folgte eigentlich die Fehmarn-Rund-Regatta im Crewmodus – wenn nicht wieder der Technikteufel zugeschlagen hätte. Kurz nach dem Ablegen im SVT stellten wir fest, dass die Windmessanlage stumm war…also zurück und klären was los ist. Steckverbindungen im Masttop, am Mastfuß überprüft, Ersatzgeber im Mast montiert… alles ohne Erfolg. Wir gehen von einem Spätschaden des Gewitters aus, glücklicherweise erst nach der Baltic 500.
Da allerdings die nächsten Shorthand-Regatten vor der Tür standen und unsere Crew sich auf drei dezimiert hatte, segelte Arne kurzerhand bei der DoJo mit und ich bin mal wieder nach Amsterdam gefahren… ihr wisst schon unser NKE-Händler… Nach einem leckeren Frühstück mit der Familie des Händlers und einer neuen Windmessanlage im Kofferraum ging es wieder zum SVT. Am Sonntagabend war das Boot wieder einsatzbereit.
Anfang Juni wurde zum ersten mal die Regatta „Grömitzer Double Hand“ ausgetragen. Eine Veranstaltung, die planmäßig ca. 12 Stunden Segelzeit vorsieht und mit einem abwechslungsreichen Kurz über die Lübecker Bucht führt. Zur Freude aller ist ein großes Feld zusammengekommen, und bei zunächst bestem Wetter ging es an den Start.
Grömitz – Pelzerhaken – Schwarzer Grund – Grömitz – LGW1 – Neustadt 1 – Warntonne – Verkürzt ins Ziel Grömitz
Warum verkürzt – es gab eine hässliche Front über dem Feld mit bis zu 45 Knoten Wind. Uns hat es auf dem Spikurs erwischt. Drei Böen mit Mitte 40 Knoten. Die Erste hat uns überrascht, bis zur Zweiten waren wir sortiert und haben nach der Böe den Spi geborgen. Beim reffen des Großsegels gab es dann die dritte Bö mit einem heftigen Dreher, der zur Patenthalse geführt hat. Menschen, Boot und Mast heil. Das Großsegel hat es dafür ganz schön erwischt. Nachdem das Großsegel geborgen war, haben wir dann auf die Genua 4 gewechselt und das Großsegel im 2. Reff wieder gesetzt. Kurz vor dem Ziel konnten wir wieder auf die große Fock wechseln. Eine gute Platzierung war somit dahin.
Wir sind dann auch gleich weiter nach Hause gesegelt, um auf das andere Großsegel zu wechseln – am übernächsten Wochenende stand der Neustädtersonnenschuss auf dem Programm. Bei der genaueren Inspektion des Großsegels hat sich leider gezeigt, dass es nach nur 1,5 Saisons und rund 3000 Meilen ein erhebliches Problem im Material hat – dazu später mehr.
Der Neustädtersonnenschuss hat das Format ein wenig geändert. Es gibt nur noch einen Kurs für alle Teilnehmer. Es bleibt nur die Wahl, in welcher Richtung man Fehmarn umrundet. Eine interessante taktische Frage! Nach einem guten Start konnten wir das LUV-Fass als erster erreichen, und es ging unter Spi in Richtung Staberhuk. Bei zunehmendem Wind in Richtung 20 – 25 Knoten wurde es eine (be)-rauschende Fahrt. Lange Zeit konnten wir uns auch als langsameres Schiff des Feldes vorne behaupten, und es wurde letztendlich in unserer Gruppe 8 – 10 Meter wurde es zum Zweikampf zwischen uns und einer J-88. Wir haben uns für eine Kreuz durch den Sund entschieden, da wir im Belt eine schlimmere Welle mit mehr Gegenstrom erwartet haben. Aus unserer Gruppe die mehrheitliche Entscheidung. Der Wind pendelte sich auf 25 Knoten ein und im 2. Reff und der großen Fock (es gibt bei uns nur die G3 und G4) wurde es eine wilde Kreuz bis zur Fehmarnsund Ost (2). Wir konnten die J überholen und die Tonne kurz vor ihr runden. Der Kurz entlang Fehmarn bis Westermarkelsdorf wurde mit GeCo und 2. Reff eine wilde Fahrt, bei der wir uns von der J weiter absetzten konnten. Der folgende Spikurs im Fehmarn Belt war recht kurz, da ab Puttgarden es zu spitz für den Spi wurde, und der Geco wieder zum Einsatz kam. Es wurde ein langer Kurs bis zum Fahrwasser „Großes Tief“ vor Poel. Hier konnten wir wieder ausreffen und uns pflegen. Die J hat uns kurz vor dem Wegepunkt wieder überholt.
Der Amwindkurs bzw. die Kreuz führte zwischen Hannibal und Poel entlang, vorbei an Offentief bis Brodten Ost. Herrliches nächtliches Segeln bei 8 – 12 Knoten. Am Ende der Kreuz wieder vor der J. Mit GeCo schnell noch nach Neustadt, und schon war der NSS 2024 erfolgreich beendet. 117 NM in 18,5 Stunden mit 13 verschiedenen Segelkonfigurationen – Toll. Nach einer weiteren Trainigswettfahrt mit gleichgesinnten Shorthand-Seglern vor Travemünde und schönem Mittwochssegeln habe ich auf der Feinschliff eine kleine Pause gemacht.
Mit einem sehr guten Freund und seiner Frau konnte ich eine Etappe ihr Boot auf dem Weg aus der Karibik mit zurück segeln. Ich war bei der Etappe von den Azoren (Horta) nach Irland dabei.
Zunächst nach Castletownbere und nach ein wenig Sightseeing weiter nach Baltimore – es waren spannende 14 Tage und gleichzeitig sehr entschleunigende!
Zurück in der Heimat gab es mal wieder eine Trainingswettfahrt vor Travemünde, und dann war auch schon Herbst und Silverrudder-Zeit.
Zusammen mit Hanno wurde es ein schöner und windreicher Überführer, so dass wir trotz Kreuz zwischen Fehmarn und Bagenkop schnell in Svendborg waren, wo uns dann am Sonntag Jenny und Lena abgeholt haben.
Am Mittwoch ging es dann abends für mich auch schon wieder mit der Bahn gen Dänemark. Es hat diesmal wieder gut geklappt, und kurz vor Mitternacht lag ich in der Koje. Der Donnerstag vergeht immer schnell, da man neben dem Einchecken, Sicherheitskontrolle und Einkaufen ja auch eine Menge bekannter Gesichter trifft, und zum Ende der Saison es ja auch schon viel zu erzählen gibt. Der Wetterbericht drohte mit einem Flautenloch am Freitagnachmittag. So ganz einig waren sich die Prognosen meiner Meinung nach nicht, es sollte also spannend werden. Nach endlich einmal gutem Schlaf vor dem Start und ausreichendem Frühstück ging es dann am Freitag morgen los. Entgegen meinem ursprünglichen Plan eher defensiv zu starten, hat mich doch das Rennfieber gepackt, und nach einer verpassten Wegerechtssituation auf der Startlinie (ein Boot mit Wind von Steuerbord – Ich – gegen ein Pulk von Booten auf dem anderen Bug) Der klügere gibt nach und dabei habe ich leider die Peilung der Startlinie aus den Augen verloren… in der letzten Minute somit einmal vor der Linie – Zeitstrafe…Das nächste Mal doch etwas defensiver…?
Egal die Kreuz aus dem Svendborgsund lief gut und der Weg in Richtung Große Belt Brücke zunächst auch. Ab der Nordspitze Langelands wurde es nervenaufreibend. Wenig bis kein Wind. Mini Windfelder von wenigen Bootslängen, Strom.
Also alles, was man braucht. Es gab unzählige Positionswechsel und zeitweise scheinbar klare Gewinner und Verlierer. Zum verrückt werden. Irgendwann war man dann an der Westbrücke im Großen Belt. Die Durchfahrten der letzten Male im Plotter, um nicht zu weit landeinwärts eine Durchfahrt zu nehmen, was mitunter das Ende der Saison bedeuten kann. Ich war bei wenig Wind selten so angespannt. Mit rund 0,5 Knoten Bootsgeschwindigkeit und 1-2 Knoten Strom gen Norden das richtige Brückenfach zu erwischen war anstrengend. Zumal sich in diesem Jahr auch herausgestellt hat, dass unser Motor keine Hilfe im Notfall sein wird. Es gab also einen Point off no return, an dem ich den Plan parallel zur Brücke noch ein – zwei Fächer weiter zum Hauptfahrwasser zu segeln beerdigen musste, damit ich wenigstens mit Bug in die richtige Richtung durch die Brücke segeln konnte – einige Mitstreiter sind auch einfach quer durchgetrieben. Das war auch der mentale Tiefpunkt der Veranstaltung, mit der Frage nach dem Sinn des Ganzen. Erfreulicher Weise ging sowohl die Windstärke, die Laune und die Platzierung wieder bergauf. Kurz nach dem Anbruch der Dunkelheit war Fyns Hoved querab, und der GeCo konnte gegen den Spi getauscht werden. Die Reise entlang der Nordseite von Fünen war sehr schnell und teilweise sehr gespenstisch, da auch hier leider der Wetterbericht Recht bekommen sollte – in der Nacht sollte man mit Seenebel rechnen… und spätestens, wenn die Dreifarbenlaterne im Top eher nach einer Disco mit Nebelschwaben und bunten Lichtern aussieht wird es spooky. Die Einfahrt in den Kleinen Belt in der Dunkelheit ist mir mit einigen Halsen gut gelungen und so ging es mit Schwung um den Leuchtturm vor Strip. Der nächste Meilenstein für mich war die Autobahnbrücke in Middelfahrt, da habe ich ja bereits zweimal zu viel abgekürzt und einmal einen Stein und das andere mal Sand gefunden… also diesmal der gute Vorsatz nicht wieder so hart abzukürzen. Nun ja, es wurde wieder der Weg zwischen dem letzten Pfeiler und Land, allerdings dicht am Pfeiler mit genügend Wasser unter dem Kiel. Leider hat es einen alten Bekannten hier schlechter getroffen, seine Sun Fast 3200 ist vor mir am Pfeiler hängen geblieben…An der Brücke habe ich mich wieder für den GeCo entschieden – ich dachte es wird zu spitz für den Spi. Fehlentscheidung – der nachlassende Wind und die Dreher verlangten also wieder den Spi. Kurz geärgert über das defensive fahren und wieder ein Segelwechsel. Der Rest der Nacht verging wie im Fluge, und das im wahrsten Sinne. Bis Lyo ging es im Zickzack tatsächlich durch das Feld und am Ende der Nacht hatte ich mich wieder vom 58. Paltz (Große Belt Brücke) auf den 17. Platz nach vorne gesegelt. Die Laune war entsprechend gut. De Kreuz von Lyo nach Svendborg hat wirklich Spaß gemacht: 8-14 Knoten Wind, Sonne und ein immer noch dichtes Feld von Teilnehmern. Selbst an der Svendborgsundbrücke hatte ich glücklicherweise noch Wind, so dass diese Passage gut zu händeln war. Am Ende glücklich als 26. von rund 120 Teilnehmern in der Gruppe 30 – 35 Fuss im Ziel angekommen. Inkl. Der Zeitstrafe machte es den 37. Platz.
Noch am Abend ging es bis Marstal zurück. Morgens um 5 ging es dann wieder los zum SVT. Ein schöner Rücküberführer, der die Feinschliff und mich am Abend wieder bis zum SVT gebracht hat.
Zum Ende der Saison ging es noch einmal am 3. Oktober auf eine Trainingswettfahrt, allerdings mit dem Ziel im SVT. Sonne 20 Knoten Wind aus NO, ein paar Segelbegeisterte Single- oder Doublehand Segler – so kann man die Saison gerne abschließen. Der Kurs führte raus zur Brodten Ost Tonne, und dann ging es unter Spi flugs in die Trave mit einer „Publikumshalse“ direkt vorm Priwallstrand. Aufgrund des Windes eventuell hier und da etwas zu schnell ging es bis zum Ziel in dem kleinen Fahrwasser zum Nordgetreide Anleger. Zur Belohnung konnten wir vor dem gemeinsamen Essen in unserer Messe sogar noch die Segel trocknen und abbauen – Ende der Segelsaison.
Und da war ja noch die Motortour – die natürlich nur mit einem funktionierenden Motor Sinn macht. Leider waren unsere Bemühungen um den Originalmotor von 1992 nicht so erfolgreich… Einspritzpumpe und Kompression nicht mehr im grünen Bereich. In Kombination mit dem schon mehrfach geflickten Wärmetauscher für uns das Ende mit diesem Motor.
Auch die Suche nach einem neuen Motor hat uns eine kurze Reise am 4. Advent nach Amsterdam beschert – und seitdem gibt es eine neu Antriebsquelle für die Feinschliff.
Was war diese Saison nun anders?
Der Ärger mit der Elektronik und dem Motor waren anstrengend und hat viel Zeit im Auto bedeutet. Dazu noch die Sorgen mit dem Großsegel haben gefühlt das Segel etwas anstrengend gemacht. Doch zum Ende der Saison gab es auch zum Thema des Großsegels Positives zu berichten – Aufgrund von Materialfehlern gibt es zusammen vom Tuchhersteller und unserem Segelmacher ein Neues Segel im Austausch. Somit ist auch dieses Problem gelöst – auf die Saison 2025
Dirk Meiburg